Freitag, 27. November 2009

Deutsche Schicksale: Heinz




Selten bekommt man sie zu Gesicht, aber wenn man sie trifft, weiß man, warum es besser ist, ihnen aus dem Weg zu gehen: Wohnnomaden.

Den ich kennen lernte ist einer von den Sesshafteren, aber sein letzter Auszug vor Jahren war ebenfalls ein Rechtsfall. Der Vermieter verlangte Totalrenovierung und bekam über zehntausend Mark zur Wiedergutmachung zugesprochen. Normalerweise sind Wohnnomaden Sozialhilfeempfänger, haben kein Geld, schulden die Miete und können nicht groß haftbar gemacht werden. Dieser hier - nennen wir ihn Heinz - hat eine kleine Rente, wodurch er belangt werden konnte.

Heinz' Problem ist seine Paranoia, die ihn jede Nacht befürchten lässt, Unbekannte griffen ihn an. Er hat sich verbarrikadiert und einige Fallen eingebaut, damit niemand reinkommt, lagert Maschinenteile und Werkzeuge in einem Wohnzimmer im Erdgeschoß, das wegen Hanglage durch und durch mit Wasser unterspült ist. Die Bohlen verfault, Schimmelgeruch in der Luft. Gegen das eingedrungene Giftgas laufen stundenlang Luftabzugsventilatoren, die mit einem meterlangen Schlauch aus dem Inneren Luft ziehen... Alles wird achtlos behandelt, nur seine Habseligkeiten nicht, Teile werden rein- und rausgeschleppt, Wärme gibt es nur unten im Eingangsbereich, wo man aufpassen muss, nicht über den Ofen zu stolpern. Sein Wohnraum hängt voll mit Kleidern, alles steht und liegt voll. Wäre er behindert, würde man es verstehen, so merkt man, dass er keine Häuslichkeit entwickeln kann, nur ein Besucher und Werkstattbenutzer ist.

Seine Spezialität sind Hilfeleistungen bei KFZ, wo er Dinge repariert und andere kaputt macht, um wieder etwas reparieren zu können. In der Regel wird er an einem Objekt immer destruktiver und so mancher Motor wird niemals mehr laufen, allenfalls holprig. Dabei geht es Heinz nur darum, Verbündete zu finden, im Kampf gegen das nächtliche Giftgas. Zu reden und
etwas zu unternehmen.

Es ist ein Drama, das nicht zu beheben ist, denn was bleibt ist nur die Klapsmühle, und die wäre das Ende für seine betagte Beweglichkeit. Sein größter Luxus ist ein angemieteter Hangar, den er in kurzer Zeit mit Schrottautos vollgestopft hatte. Das kostet ihn jeden Monat viel Miete ... aber er will es so und glaubt, das alles wieder mit Gewinn verkaufen zu können.

Muss er gehen, ist das Haus nicht mehr wert als ein Abbruchhaus, es muss innen wie außen totalüberholt, entrümpelt und unter Seife gesetzt werden....



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6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Dieser Mann bracuht Betreuung. Das vielleicht lieber organisieren als nur darüber zu schreiben. Deutschland hat eine Inflation des Geredes statt eine Inflation der Solidarität.

Dailywrite hat gesagt…

Danke für den Tipp, das ist richtig. Aber er ist bei Polizei, Gesundheits- und SOzialamt bekannt und keiner weiß ihm zu helfen. Von einer Zwangsintegration in die Klinik wird abgesehen, weil er sonst noch normal lebt und sich anständig verhält. Bis auf die nächtlichen Besucher und seine kauzige Lebenswelt eben. Das bewohnte Haus steht wohl eher auf der Abriss- oder Totalsanierungs- als auf der Gewinnliste. Man lässt ihn gewähren ... Zumal er sich vehement und auf seine Grundrechte verweisend gegen eine Verwahrung in der Psychiatrie oder tägliche Betreuung durch Sozialarbeiter oder Therapeuten wehrt. Seine Mitmenschen und der Staat behandeln ihn so noch besser als anders, was zu einer Katastrophe in der Geschlossenen führen würde.

Anonym hat gesagt…

Ich bleibe dabei. Der Mann braucht Hilfe und nicht Gerede und Geschreibe wie so mancher andere Mensch auch, keine "aber".

Anonym hat gesagt…

eieiei, wie autoritär...

Anonym hat gesagt…

Ob Polizei und Gesundheitsamt da irgendetwas von irgendwem wissen spielt gar keine Rolle! Das interesseirt Polizei, Gesundheits- und Sozialamt auch überhaupt nicht. Dem Mann kann und wird geholfen, wenn ein Vertrauter, oder jemand der seine Lage kennt, sich an die zuständige Betreuungsbehörde wendet, oder beim zuständtigen Vormundsschaftsgericht einen Antrag auf rechtliche Betreuung stellt. Die haben ja alles gewusst, ist lächerlich. Falsch und nur eine plumpe Ausrede. Beim Verkehrsunfall fuhren auch 30 Autos vorbei. Das haben ja alle gewusst. Behörden werden nur zuständig, wenn man sie darauf aufmerksam macht. Polizei, Sozialamt und Gesundheitsamt werden ebenfalls nur tätig wenn man sie informiert, oder er selbst eine Gefahr für andere wird.

Also nicht drüber schreiben. Telefonnmummer der Betreuungsbehörde besorgen, dort schon mal anrufen und informieren. Dann den Rest auch machen. In der Regel kümmert sich diese Behörde aber schon darum. Diese sind beim Landratsamt oder bei größeren Städten in der Stadtverwaltung!

Anonym hat gesagt…

Warum ist Autorität schlecht, wenn Sie jemand weiterhilft?